1. Schicksalsgemeinschaft Großstadtregion

1.1. Das Phänomen Stadtregion [ Seitenanfang ]

Seit etwa hundert Jahren gibt es Diskussionen, Planungen und Modelle zur Lösung der Konflikte zwischen Großstädten und den ihnen direkt benachbarten Gemeinden. Spätestens seit dem rapiden Wachstum europäischer Städte während der Industrialisierung wurden die teilweise aus dem Mittelalter überkommenen Gemeindegrenzen zu Hindernissen der Stadtentwicklung. Während die Bebauung im Allgemeinen ungebremst über die politischen Gemeindegrenzen hinwegwuchs, begann politisch mit der neuen Gemarkung auch der Zuständigkeitsbereich eines neuen Bürgermeisters, einer neuen Gemeindeverwaltung und in vielen Fällen auch einer anderen staatlichen Einheit.

Dörfer, die Jahrhunderte lang in ausreichender Entfernung zur Großstadt lagen, erlebten nun in wenigen Jahrzehnten die Überbauung großer Teile ihrer Gemeindefläche und ein Wachstum ihrer Einwohnerzahl von einigen Hundert auf teilweise über Hunderttausend. Charlottenburg zählte bei der Gründung von Groß-Berlin 1920 bereits 323.000 Einwohner und galt als reichste Stadt in Preußen. Der heutige Hamburger Innenstadtbezirk Altona gehörte bis 1864 zum Königreich Dänemark und danach als eigenständige Großstadt zu Preußen, bis sie 1937 mit 242.000 Einwohnern der Hansestadt Hamburg zugeschlagen wurde.

Während vom Beginn der Gründerzeit bis in die Weimarer Republik baulich und funktionell zusammengewachsene Gemeinden meist durch Eingemeindung in die alte Kernstadt zu einer auch politischen Einheit zusammengefasst wurden, tolerierte man nach dem zweiten Weltkrieg eher ein Nebeneinander eigenständiger Gebietskörperschaften in einer Stadtregion. Abgesehen von den kommunalen Gebietsreformen der 70er (alte Bundesländer) und 90er Jahre (neue Bundesländer) wurde, vor allem in den saturierten Stadtregionen Westdeutschlands, die Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung höher bewertet als die Einheit der Stadtregionen.

Die Lösung intraregionaler Interessengegensätze wird, vereinzelt seit Beginn des 20. Jahrhunderts, verstärkt aber seit den 70er Jahren, in der Schaffung von Stadt-Umland-Kooperationen unterschiedlichster Natur gesucht. Diese Zusammenschlüsse versuchen, einen Kompromiss zwischen Erhaltung der Eigenständigkeit der Einzelgemeinden und den Interessen der Gesamtregion zu finden. Die verschiedenen Kooperationsmodelle und ihre Eignung zur Stärkung der Stadtregionen ist Thema dieser Arbeit.