2.8. Eingemeindung Seitenanfang ]

(„Integrationstyp“ nach Wagener)

Eingemeindung ist keine Form kommunaler Kooperation, sondern genauso wie ihr Gegenteil „Nulllösung“ (alles so lassen, wie es ist) eine Folge ihres Scheiterns. Sollte sich keine Möglichkeit zur freiwilligen oder weniger freiwilligen Zusammenarbeit ergeben, kann ein Landesgesetz durch Eingemeindungen der in Not geratenen Kernstadt zumindest vorübergehend Handlungsspielraum verschaffen.

2.8.1. Vorteile Seitenanfang ]

Durch die Vergrößerung des Stadtgebiets der Kernstadt wird die Zahl der Akteure verringert. Der weiter gewordene urbane Verflechtungskreis wird teilweise administrativ nachvollzogen. Aggressiv und parasitär handelnde Randgemeinden, die das Wohl der Gesamtregion gefährden, können damit politisch neutralisiert werden. Unter Flächenknappheit leidende Kernstädte können durch Eingemeindung wertvolles Bauland zur Entwicklung wichtiger Projekte gewinnen. Eingemeindungen können auf wenige ausgewählte Kommunen beschränkt werden, um die Zahl der Widersacher in der zu erwartenden politischen Debatte zu begrenzen.

2.8.2. Nachteile Seitenanfang ]

Eingemeindungen von Stadtrandgemeinden geschehen fast immer gegen den teilweise erbitterten Widerstand von Bewohnern und Kommunalpolitikern. Es handelt sich um ein klares staatliches Eingreifen in die kommunale Selbstverwaltung, das selbst in sachlich gerechtfertigten Fällen als politisch schwer durchsetzbar gilt. Aus Angst vor Wählerstimmenverlusten oder dem Widerstand der örtlichen Parteifreunde wagen sich außerhalb der Kernstädte so gut wie keine Politiker an dieses Thema heran.

Das am häufigsten genannte Argument für Eingemeindungsforderungen ist die Haushaltslage der Kernstädte und ihre mögliche Sanierung durch Anschluss einer reichen Vorortgemeinde. Dieses Argument ist angesichts des Größenverhältnisses zwischen Stadt und Vorort wenig stichhaltig. Eine stark verschuldete Großstadt mit 500.000 Einwohnern wird auch durch die Eingemeindung eines reichen Vororts mit 25.000 Einwohnern nicht reich. Der erarbeitete Wohlstand der Randgemeinde verschwindet einfach und ohne weiteren Nutzen im großen Schuldenloch der Großstadt. Dies ist übrigens eine beliebte Argumentationslinie von Vorortbürgermeistern gegen jede Art von finanzieller Solidarität.

Auch das Schicksal früher eingemeindeter Vororte stellt selten eine verlockende Perspektive für die noch selbständigen Umlandgemeinden dar. In zentralistisch regierten Großstädten ohne funktionierende Bezirksgliederung gerieten die Anliegen der Stadtteile zu oft aus dem Blickfeld der politischen Akteure. In vielen Vororten kam das Gemeindeleben nach dem Anschluss an die Großstadt zum Erliegen. Die mangelnde örtliche Interessenvertretung und der befürchtete Identitätsverlust sind die häufigsten Argumente gegen Eingemeindungen.

Darüber hinaus wird durch Vergrößerung der Kernstadt weder dort noch in den verbliebenen Vororten regionales Bewusstsein geschaffen. In den Vororten werden sich Misstrauen und Verweigerungshaltung verstärken, in der Kernstadt wird man im Sinne des auch dort vorhandenen "Kirchturmdenkens" um so leichter eine „Weiter-so“-Politik verfolgen können, die sich weder mit der Stadtregion als Ganzem noch mit dem Schicksal der alten und neuen Stadtteile näher beschäftigt.